HBL
Timo Kastening: „In Berlin haben wir nichts zu verlieren“

Foto: Käsler
Nach einem holprigen Start der MT Melsungen hofft der Nationalspieler, der seinen Vertrag bis 2029 verlängert hat, auf den Aufschwung. An die Max-Schmeling-Halle denkt der 30-Jährige gerne zurück, trotz einer deutlichen Niederlage beim letzten Duell mit den Füchsen.
Die Fans jubelten, der Kapitän strahlte: Als am Freitagabend vor dem Melsunger DAIKIN HBL-Spiel gegen den HC Erlangen die Vertragsverlängerung von Timo Kastening bekanntgegeben wurde, tobte die Rothenbach-Halle. Nach dem Spiel war der Jubel etwas gedämpfter, mit viel Glück hatte der letztjährige Tabellendritte durch einen Treffer von Florian Drosten ein 32:32 erreicht. „Wir können sehr, sehr glücklich über den Punkt sein. Wir sind sehr enttäuscht, aber am Ende können wir nicht meckern, dass wir den Punkt noch bekommen“, sagte Kastening am Dyn-Mikrofon.
Nach dem besten Saisonstart der Vereinsgeschichte in der Vorsaison und der insgesamt besten Spielzeit der Vereinsgeschichte mit Rang drei in der Liga, Pokalfinale und dem Einzug ins Finalturnier der European League läuft es aktuell noch nicht ganz rund bei die den Nordhessen. Am ersten Spieltag der Saison riss nach 479 Tagen die ungeschlagene Heimserie mit dem 25:27 gegen die Rhein-Neckar Löwen, aktuell findet sich die MT mit 3:5 Zählern auf Rang elf in der DAIKIN Handball-Bundesliga wieder.
„Natürlich haben wir zahlreiche verletzungsbedingte Ausfälle, aber man muss den Saisonstart insgesamt differenziert sehen“, sagt Timo Kastening: „Es hat sich einiges geändert. Einige Leistungsträger haben den Verein verlassen, die Neuen müssen eingebaut werden. Und insgesamt spielen wir nicht auf dem Niveau der vergangenen Saison. Dennoch muss man auch sagen, dass sich die Mannschaft in bisher jedem Spiel zerrissen hat, aber im Sport zählen eben die Ergebnisse – und wir haben einige Punkte liegen gelassen.“
Auch Kastening hatte zum Saisonstart verletzt gefehlt, ist nun aber wieder „auf 100 Prozent“, wie er selbst sagt. Mit seiner Vertragsverlängerung bis 2029 wollte der MT-Kapitän ein Zeichen setzen: „Ich fühle mich total wohl hier in der Region, die MT hat sich in den sechs Jahren, seit denen ich hier spiele, absolut positiv entwickelt. Zudem ist es von hier nicht weit in meine Heimat Hannover“, waren für den 30-jährigen, ehemaligen Handballer des Jahres die Beweggründe, sich langfristig an die MT zu binden.
Dass die MT nicht nur sportliche erfolgreich ist, sondern seine Fanbase auch über Nordhessen ausgebaut hat, hat für Kastening viele Gründe: „Es hat sich einfach viel getan in Melsungen. Wir haben uns sportlich stabilisiert, haben mehrere Jahre konstant gut gespielt und ansprechenden Handball gezeigt. Das liegt einerseits am Spielsystem unseres Trainers Roberto Parrondo, andererseits auch an den Neuverpflichtungen, für die Michael Allendorf und Roberto verantwortlich sind. Zudem ist es dieses Herzblut von allen, den Fans, dem Staff rund ums Team, die Geschäftsstelle, das uns antreibt. Diese Identifikation ist unglaublich positiv, und das wollen wir allen auch mit Erfolgen zurückgeben.“ Diese neue Attraktivität der MT Melsungen spiegelt sich für den Nationalspieler auch darin wider, dass ab der Saison 2027/28 die moderne und größere Nordhessen-Arena in Kassel die neue sportliche Heimat wird, nach 18 Jahren in der Rothenbach-Halle auf dem Messegelände.

Foto: Käsler
Auch wenn der Start nicht so positiv ausfiel wie erhofft, ändert sich für Kastening und die MT nichts an den Saisonzielen: „Im Pokal und in der European League wollen wir uns wieder für die Finalturniere qualifizieren – und in der Liga den Titel „best of the rest“ erreichen. Magdeburg, Flensburg, Berlin und Kiel sind definitiv die Top 4, wenn wir also Fünfter werden, wäre das wieder unglaublich. Wir wollen uns stabil im Verfolgerfeld anreihen, wobei diese Saison vielleicht auch Gummersbach diese Rolle einnehmen kann, die wir in der vergangenen Spielzeit hatten.“
Die nächste Aufgabe bringt Kastening dorthin zurück, wo er nach eigener Aussage „das geilste Spiel meines Lebens“ hatte – trotz einer 27:39-Niederlage: in die Berliner Max-Schmeling-Halle. Es war der 29. Mai diesen Jahres: Tabellenführer Berlin gegen den Dritten Melsungen – do-or-die für beide Seiten. „Wir haben das erste Mal in der Geschichte um die Meisterschaft gespielt, es ging für uns zum ersten Mal um die Qualifikation für die Champions League, die Halle war ausverkauft, die Stimmung genial, du spielst gegen den besten Handballer der Welt und einen fantastischen Klub, das war Gänsehaut pur, nur leider endete das Spiel mit dem falschen Ergebnis.“
Am Sonntag (15:00 Uhr, live auf Dyn, Dyn Sport Mix und welt.tv) haben die Melsunger, die zuletzt kurz nach Weihnachten 2021 in der Max-Schmeling-Halle gewannen, die Chance zur Revanche. Die Füchse haben nach dem Trainerwechsel von Jaron Siewert auf Nicolej Krickau beide DAIKIN HBL-Partien verloren. „Es ist natürlich gerade eine besondere Situation in Berlin – aber du kannst zuhause gegen Magdeburg und auch in Gummersbach verlieren. Zu was die Füchse aktuell in der Lage sind, haben sie in der Champions League mit dem 40:34 in Nantes gezeigt.“ Daher sieht Kastening seine MT nicht als Favorit: „Die Rollen sind klar verteilt, wir haben aber nichts zu verlieren. Natürlich wollen wir was mitnehmen und fahren nicht zum Spaß in die Hauptstadt, aber Favorit sind wir nicht.“